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Das Foucault-Pendel im Dom zu Magdeburg

Pendel von oben





1. Chronik des Magdeburger Dompendels

Entstanden ist die Idee, in Magdeburg ein Foucault-Pendel zu installieren, am Biertisch. Anläßlich einer Exkursion der Otto-von-Guericke-Gesellschaft nach Prag im Jahr 1999 hatten die "Pendel-Väter", Prädikant Stephen Gerhard Stehli, Vorsitzender des Fördervereins "Dom zu Magdeburg e.V." sowie Dr. Wolfram Knapp und Dr. Peter Streitenberger, Institut für Experimentelle Physik der Universität Magdeburg, bei einem geselligen Abend über große Versuche gesprochen. Dabei kam irgendwann die Rede auf das Pendel und den Magdeburger Dom "St. Mauritius und Katharina". Nachdem die Idee geboren war, dauerte es noch einige Zeit um abzuwägen, ob ein Selbstbau mit allen seinen technischen Problemen machbar ist oder nicht. Mit Prof. Dr. Lutz Schön von der Humboldt-Universität zu Berlin wurde schließlich derjenige Experte gefunden, der schon einige Foucault-Pendel erfolgreich in Deutschland gebaut hat und mithin das notwendige Know-How besitzt.

Am 23. Juli 2002 wurde das Pendel von Prof. Dr. Schön unter Mitwirkung von Herrn Jürgen Weißenborn und Herrn Gregor Nuglisch (Werkstattleiter bzw. technischer Mitarbeiter der Fakultät) im Dom installiert und gegen 18 Uhr zum ersten Mal angeschwungen; es zeigte sofort den beabsichtigten Effekt der langsamen Drehung der Pendelebene.

Aufbau des Pendels 1 Bild 1.
Foto: Karl-Heinz Kaiser, "Volksstimme", Magdeburg

Aufbau des Pendels 2 Bild 2.
Foto: Karl-Heinz Kaiser, "Volksstimme", Magdeburg

Aufbau des Pendels 3 Bild 3. Jürgen Weißenborn bei der Installation der Pendelaufhängung knapp 36 Meter über dem Fußboden.
Foto: Karl-Heinz Kaiser, "Volksstimme", Magdeburg

Aufbau des Pendels 4 Bild 4. Die Konstruktion eines regelmäßigen 81-Ecks.
Foto: Ulrich Arendt, Audiovisuelles Medienzentrum der Universität Magdeburg

Aufbau des Pendels 5 Bild 5. Die ersten Schwingungen nach dem Aufbau.
Foto: Ulrich Arendt, Audiovisuelles Medienzentrum der Universität Magdeburg


In den darauffolgenden acht Tagen wurde es während des Probebetriebes bereits intensiv beobachtet. Hierbei zeigte sich, daß in den kommenden Wochen weiterführende Messungen erforderlich sind. Am 1. August fand um 19 Uhr die feierliche Eröffnung statt: es sprachen der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität, Prof. Klaus-Erich Pollmann, der Domprediger Giselher Quast und Prof. Dr. Lutz Schön. Zahlreiche Besucher drängelten sich im Dom, es folgten Berichte in Presse und Fernsehen, z. B. in der Volksstimme. Am 11. August besuchte der Bundesaußenminister Joschka Fischer den Dom.

Joschka Fischer im Dom zu Magdeburg Bild 6. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Mitte links) wird während seines Dombesuches am 11.08.2002 vom Domprediger Giselher Quast (Mitte rechts) und Dr. Wolfram Knapp (rechts vorn) vom Institut für Experimentelle Physik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg über das gemeinsame, zeitweilige Experiment Foucaultsches Pendel im Dom zu Magdeburg informiert.
Foto: Michael Grunzel, Zeitung "Der Sonntag", Magdeburg


Am 29. Oktober fand die Abschlußveranstaltung in der Großen Sacristei des Doms statt. Viele kennen das Foucaultsche Pendel durch den gleichnamigen Roman des italienischen Schriftstellers Umberto Eco ("Der Name der Rose"). Leider ist es nicht gelungen, den Schriftsteller selbst zu einer Lesung in den Magdeburger Dom einzuladen. Im Teil 1 dieser Veranstaltung wurde nach der Eröffnung durch Ministerialdirigent Stephen G. Stehli ein Grußwort durch den Generalkonsul der Republik Italien, Dr. Fausto Brunetti, gehalten, worauf sich eine literaturwissenschaftliche Einführung von Dr. Bernhard Jahn, Institut für Germanistik der Otto-von-Guericke-Universität, und eine Lesung durch Christian Kleinert, Theater der Landeshauptstadt Magdeburg, anschlossen. Im Teil 2 bot Thomas König eine Improvisation zum Foucaultschen Pendel auf der Violine dar, und Adriana Brunetti führte eine Lesung in italienischer Sprache durch.

Impression Bild 7. Impression
Foto: Norbert Perner, perner&schmidt werbung und design gmbh, Magdeburg


Am 6. November 2002 vormittags wurde das Pendel abgebaut; hier eine kleine Fotogalerie vom Abbau. Es hing 105 Tage und 16 Stunden, das sind über 9 Millionen Sekunden. Bei einer Schwingungsdauer von ca. 11,922 Sekunden kam es somit auf über 750.000 Schwingungen. Die Kollegen unseres Instituts haben in dieser Zeit insgesamt 60-70 Führungen für Schulklassen durchgeführt, es kamen sogar Klassen aus Eisenach, Nordhausen und Braunschweig. Man kann sagen, dass ca. 2.000-2.500 Personen eine "physikalische Pendelführung" erhielten. Schätzungen von Seiten des Doms ergaben, dass ca. 20.000-25.000 Besucher in diesem Vierteljahr den Dom besucht haben, weit mehr als sonst.

Abbau des Pendels Bild 8. Herr Schrader zieht eine Bilanz des Pendelversuchs
Foto: Bernd Garke, Institut für Experimentalle Physik der Universität Magdeburg


Von vielen Besuchern war zu hören, dass es eine gute Idee war, ein Foucaultsches Pendel zeitweilig in einem kirchlichen Bauwerk aufzuhängen, um abseits von alltäglichen Dingen auch mal über Erde und Kosmos, Wissenschaft und Religion nachzudenken. Vom physikalischen Standpunkt aus kann eingeschätzt werden, dass es wohl kaum ein anderes bekanntes Experiment gibt, das hinsichtlich i) seiner großen Abmessungen, ii) seiner Einfachheit und Durchschaubarkeit im Aufbau und in der Durchführung, iii) seiner Ausstrahlung und iv) seiner Vielfachheit der damit verbundenen wissenschaftlichen Bezüge das Foucaultsche Pendel übertreffen könnte.

Abschließend eine Lesermeinung, die die Volksstimme am 13. November 2002 abdruckte:

Kommentar in der Volksstimme vom 13.11.2002



©  E. Specht  15. November 2002