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Das Foucault-Pendel im Dom zu Magdeburg

Pendel von oben





2. FAQ ­ Frequently Asked Technical Questions

Wie deutlich zu sehen ist, erfolgt die Pendelschwingung ungedämpft. Ist das Foucaultsche Pendel ein perpetuum mobile?
Natürlich nicht. Eine im Zentrum der Bodenplatte eingelassene Spule erzeugt ein Magnetfeld, das einen im Innern der Messingkugel befindlichen Eisenkern anzieht. Das passiert pro Schwingung zweimal und zwar dann, wenn sich der Pendelkörper von außen auf den Mittelpunkt zubewegt. Zu erkennen ist dieses am Aufleuchten der roten Lampen. Das Magnetfeld wird dabei nicht "ruckartig" eingeschaltet, sondern steigt zeitlich allmählich an, um die Pendelschwingung möglichst sanft zu entdämpfen. Ein Lichttaster (Reflex-Optokoppler) registriert den Nulldurchgang des Pendels und ermöglicht so die Steuerung des Elektromagneten.

Handelt es sich hierbei um ein besonderes Pendelseil? Wie ist das Pendel eigentlich aufgehängt?
Das Pendelseil mit einem Durchmesser von 2,6 mm im belasteten Zustand besteht aus 7 Seelen, die ihrerseits aus 19 (Unter-)Seelen bestehen. Dieser filigrane Aufbau ist notwendig, um seine mechanischen Eigenschaften möglichst isotrop (d. h. richtungsunabhängig) zu gestalten. Ein einfacher zylinderförmiger gezogener Draht würde nach langer Belastung an der Einspannstelle infolge Einknickungen wie ein Gelenk wirken, welches den Foucault-Effekt vollständig unterdrücken könnte. Das Seil ist relativ zum Dom (und damit auch zur Erde) fest eingespannt. Es läuft durch eine Innenbohrung eines Zylinders und ist darin mit 6 Imbussschrauben fixiert. Die Messingkugel macht also längs ihrer durch das Seil vorgegebenen Achse die Drehung der Erde mit; ein markanter Punkt auf der Kugeloberfläche behält somit für einen irdischen Beobachter seine Ausrichtung bei.

Welche Aufgabe hat der Charron-Ring?
Das Pendelseil läuft 600 mm unterhalb des Aufhängepunktes durch einen exakt konzentrisch um die Ruhelage positionierten Ring mit einem maximalen Innendurchmesser von 16,2 mm, an dessen leicht konisch geformter Innenseite es sich während jeder Schwingung zweimal anlegt. Die dadurch verursachte Reibung zwischen Seil und Ring unterdrückt Kräfte quer zur Schwingungsrichtung, die beispielsweise durch unsymmetrisches Anschwingen, Luftbewegungen (Zugluft vom Eingang des Doms) oder das Umstoßen der Messinghülsen entstehen. Diese störenden Kräfte würden sich letztendlich in einer ellipsenförmigen Bahn des Pendelkörpers bemerkbar machen. Die Schwingung wird somit durch den Ring annähernd in eine Ebene gezwungen. Immerhin liegt das Seil während einer Zeitdauer von 7/8 eines Schwingungsvorganges am Charron-Ring an.

Wie sieht es mit der zeitlichen Konstanz der Periodendauer aus?
Erste handgestoppte Messungen ergaben einen Mittelwert von T = 11,92 s. Genauere Messungen mittels einer elektronischen Lichtschranke, in der Nähe eines Umkehrpunktes positioniert, führten bei 150 aufeinanderfolgenden Periodendauern auf einen Wert von T = 11,9226 s bei einer Standardabweichung von 0,0020 s; letzterer Wert erscheint relativ groß. Ursachen dafür könnten Unruhe der umgebenden Luft oder (für das Auge kaum wahrnehmbare) Schwingungen der Messingkugel sein.

Könnte man das Foucault-Pendel auch als Uhr benutzen?
Leider nur als sehr ungenaue Uhr. Wie jeder Betrachter beobachten kann, variiert die Zeitdauer, in der benachbarte Messinghülsen umgestoßen werden, innerhalb weniger Stunden ziemlich stark. Es wurden bisher Zeiten zwischen 10 und 150(!) Minuten registriert; die durchschnittliche (theoretische) Zeit beträgt 23 h 56 m 04 s / sin(52o 07' 35'') / 81 (Stifte) (siderische Tagesdauer geteilt durch Sinus der geographischen Breite und der Anzahl der Stifte) = 22 m 28 s. Über einen Zeitraum von mehreren Tagen gemittelt ließ sich der theoretische Wert für eine 360o-Drehung der Pendelebene von 30 h 19 m 16 s jedoch gut bestätigen: einmal wurden ca. 34 Stunden und ein weiteres Mal ca. 31 Stunden beobachtet.

Welcher Art könnten die Ursachen derartiger Abweichungen sein?
Generell beeinflussen Kräfte, die in der momentanen Pendelebene liegen, wie z. B. die Luftreibung oder die magnetische Anziehungskraft, die Drehung derselben weitaus weniger als Kräfte, die senkrecht zu ihr wirken. In Konkurrenz zur Coriolis-Kraft, die die eigentliche Ursache des Foucault-Effektes ist, können auftreten: seitliche Luftströmungen aus Richtung der Eingangstür, anisotrope Kräfte in der Pendelseil-Aufhängung oder im Magnetfeld. In jedem Fall äußern sich diese Störungen in einer elliptischen Bahnkurve des Pendels. In extremen Fällen können diese Kräfte den Foucault-Effekt zunichte machen.

Hängt der Foucault-Effekt davon ab, in welche Richtung (Ost-West, Nord-Süd) das Pendel angeschwungen wird?
Nein. Da die Coriolis-Kraft immer senkrecht zur augenblicklichen Geschwindigkeit des Pendelkörpers wirkt, dreht sie die Schwingungsebene in jedem Fall.

Warum sind es ausgerechnet 81 Hülsen? Wann werden sie wieder aufgestellt?
Angenommen, wir haben n Metallhülsen, deren Mittelpunkte der Grundflächen ein regelmäßiges n-Eck bilden. Wäre n eine gerade Zahl, würden immer in relativ kurzen Zeitabständen gegenüberliegende Hülsen umfallen (u. U. sogar während einer Halbschwingung). Die Wartezeit, bis das nächste Paar fällt, wäre dann doppelt so lang wie im vorliegenden Fall n ungerade, bei dem die Hülsen also "gleichmäßiger" fallen. Allerdings handelt es sich hier um kein allzu präzises regelmäßiges 81-Eck. Ungeachtet dessen werden nach ca. 15 h 10 m alle Hülsen umgestoßen. Für n = 91 würden pro Stunde ziemlich genau 3 Hülsen zu Fall kommen. Jeden Tag kurz vor der Öffnungszeit des Doms (Mo-Sa 10-18 Uhr, So 11.30-18 Uhr) werden sämtliche Hülsen vom Dompersonal wieder aufgestellt.

Wie groß ist die Dämpfung? Gibt es andere Möglichkeiten, die Schwingung auf konstanter Amplitude zu halten?
Ohne ständige Energiezufuhr - wie beim Originalversuch Foucaults 1851 im Panthéon in Paris - würde die Amplitude des Pendels sehr rasch abnehmen. Die Umströmung der Messingskugel ist hier größtenteils turbulent, nur für Amplituden kleiner als 15 cm wäre sie laminar. Das gemessene logarithmische Dekrement (d. i. der natürliche Logarithmus des Quotienten zweier aufeinanderfolgender Amplituden) beträgt Lambda = 0,0046. Das bedeutet, dass sich ca. alle 30 Minuten die Amplitude halbieren würde. Eine andere Art der Kompensation der Dämpfung beruht auf dem Prinzip der parametrischen Erregung. Dabei erfolgt eine ständige Energiezufuhr durch eine periodische vertikale Bewegung des Aufhängepunktes, was allerdings technisch sehr aufwändig ist.



©  E. Specht  12. August 2002